„Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen“ (nach Joh 15,8-9) - Motto der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Diesen Sonntag beginnt sie, auch in Höchstädt. Am Donnerstag werden katholische und evangelische Christen gemeinsam Gottesdienste feiern. Wir werden für die Einheit der Christen beten. Aber, ist das noch notwendig? Die großen Kriege zwischen den Konfessionen sind längst vorbei. Größere Vorbehalte gegenüber den „Lutherischen“ oder den „Papisten“ gehören doch hoffentlich auch der Vergangenheit an. Vor hundert Jahren war das noch etwas Anderes, außergewöhnlich die Frauen in dem kleinen Schweizer Ort Grandchamp. Sie gründen eine monastische Gemeinschaft. Sie suchen die Einheit mit sich, mit Gott, mit der Menschheit. Seit Anfang an beten sie als reformierte Protestantinnen für die Einheit der Christen. Sie schließen Freundschaften mit anderen klösterlichen Gemeinschaften, katholischen und orthodoxen. Sie lernen aus deren reichem Schatz christlicher Tradition. In der reformierten Kirche ist das monastische Leben komplett verloren gegangen. Aus der Sehnsucht nach Kontemplation entsteht in Grandchamp ein Weg zu ökumenischer Einheit. Aber auch am Anfang dieses Weges steht die Einheit mit sich selbst. Die Einkehrzeiten in Grandchamp sind Zeiten der Stille. Die Stille ist notwendig um in sich selbst hinein zu hören. Körper, Geist, Seele, selten sind sie eins. Die Schwestern von Grandchamp wollen ihr Leben in solcher Einheit ausrichten. Nach den Wirren des 2. Weltkrieges schließen sich Frauen aus halb Europa den Schwestern in Grandchamp an. Es sind Frauen mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen, Konfessionen, die nach dem zerstörerischen Krieg eine große Sehnsucht nach Einheit haben. Sie merken im Leben in enger Gemeinschaft aber auch, dass die Unterschiede zueinander eine Herausforderung sind. Gebet in Einheit und Leben in Einheit bleibt auch für sie eine ständige Aufgabe. Die Schwestern von Grandchamp haben für dieses Jahr die Liturgie für die Gottesdienste zur Einheit der Christen vorbereitet. Von ihnen stammt auch das Motto. In Gottes Liebe zu bleiben bedeutet zunächst einmal, sich diesem Lebensmittelpunkt zu nähern. Es bedeutet gleichzeitig, sich als Menschen untereinander zu nähern. Entfernen wir uns von dem Mittelpunkt, entfernen wir uns auch voneinander. Ja, das Gebet um die Einheit der Christen in göttlicher Liebe ist auch heute wichtig und notwendig. In glaubwürdiger christlicher Einheit böte sich Heilung dem spalterischen Hass in unserer Welt. Ein heilsames Gegenbild zu den Kapitolstürmern, den Verschörungstheoretikern und nationalistischen Hetzern. Die Spaltungen unter uns Christen erinnern uns jedoch schmerzlich daran, dass auch wir noch nicht so weit sind. Noch immer müssen wir uns auf den Weg zur Einheit in der Mitte machen. Erst dort kann es heißen: „Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen“.